CAROLES HERBLOGARIUM


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Wilde Früchtchen – die Schlehen

 Die feinen Sommerbeeren sind nun vertilgt, verarbeitet oder harren im Tiefkühler ihrer weiteren Bestimmung. Nun schlägt die Stunde der Wildbeeren. Was ich jetzt gerne sammle, sind die Beeren der Schlehe, lateinisch «prunus spinosa» und auch bekannt als Schlehdorn, Hagedorn oder Schwarzdorn.

 

Mich selber aus der Natur zu ernähren – das hat mich schon als Kind fasziniert. Gerne habe ich im Wald Nüsse, Bucheckern und wilde Him- und Brombeeren gesammelt für ein autarkes Waldznacht. Sicher noch ein paar Jäger-und-Sammler-Restgene, aus der Steinzeit überdauernd und sich ab und zu durchsetzend.

 

 

Ur-Zwetschgen

Wie runde Miniaturzwetschgen sitzen die Schlehen prall und dick an den dornigen Zweigen und rufen den Spaziergängern zu: «Pflück mich!» So bilde ich mir das zumindest ein, denn mein Sammeltrieb schlägt immer mit mir durch, wenn ich diese Beeren sehe. Die genau genommen keine Beeren sind, sondern Steinobst und verwandt mit Pflaume und Aprikose.

 

An Waldrändern findet man die Sträucher, oft auch in Parks oder der naturnahen Begrünung von Wohnsiedlungen. Meistens kann man da aus dem Vollen schöpfen, denn viele Leute haben Respekt von wilden Beeren und trauen sich nicht, diese zu essen. Wobei hier dasselbe gilt wie beim Pilze sammeln (und grundsätzlich für alles, was da so wächst in der Natur): Nichts in den Mund stecken, das man nicht kennt und wovon man nicht sicher weiss, dass es essbar ist.

 

Bitterer Genuss

Als ich bei meinem letzten spontanen Sammeltrip meinen Wanderhut mit Schlehdornfrüchten füllte, fragten einige Spaziergänger erstaunt: «Kann man die essen?» Zur glaubwürdigen Demonstration biss ich auch gleich in eine der kleinen Früchte, doch die Skepsis blieb. Das Angebot, von meiner Ernte zu probieren, wurde dankend abgelehnt.

 

Was nicht ganz unverständlich ist, denn die Schlehe offenbart ihre Vorzüge nicht auf den ersten Biss. Schön anzuschauen sind die kleinen violettblauen Kugeln ja, aber wenn man hineinbeisst, ist es ungefähr so als würde man in die unreifste und sauerste Zwetschge beissen, die man sich nur vorstellen kann. Ein wenig süsser werden die kleinen Früchte nach dem ersten Frost (um dem nachzuhelfen, kann man sie auch eine Woche in den Tiefkühler geben, mit demselben Effekt).

 

Nach dem Frost mögen auch die Vögel die Beeren. Deshalb ist es wichtig – wenn ihr auch Schlehen sammeln wollt – dass man nie den ganzen Strauch aberntet, sondern nur hie und da ein wenig, damit genug Nahrung für die Vögel bleibt.

Reife Früchte im Spätherbst


Gesund schon in der Steinzeit

Wie man aus archäologischen Funden rekonstruieren konnte, haben bereits unsere Vorfahren offenbar vor einigen tausend Jahren diese Beeren gesammelt, nicht zu unrecht, denn die Schlehen haben einige Vorzüge.

 

Die Früchte punkten mit Vitamin C und verschiedenen Mineralstoffen sowie einem grossen Gerbstoffanteil. Dieser ist für das pelzige Gefühl auf der Zunge verantwortlich. Diese Stoffe wirken blutstillend, entzündungshemmend, kräftigend, krampflösend, verdauungsanregend und zusammenziehend. Helfen kann das bei Erkältungen, Frühjahrsmüdigkeit, Entzündungen der Harnwege und der Magenschleimhaut.

 

Und was macht nun der moderne Mensch wohlschmeckendes daraus? Ich habe mich an zwei Rezepte gewagt: die aufwendig herzustellende Schlehenkonfitüre und den ganz einfach anzusetzenden und besonders in England beliebten Sloe Gin, eine Art Schlehenlikör (Sloe ist Englisch für Schlehe).


Sloe Gin

 

Richtmengen: eine Flasche Gin (es geht auch prima mit Wodka), ungefähr 200 gr Beeren und ebenso viel Zucker.

 

Die tiefgekühlten Beeren in eine Flasche mit weitem Hals geben, mit Gin auffüllen, Zucker dazu.

 

Die Flasche zwei Monate an einem dunklen Ort  ziehen lassen. Der Gin hat nun eine schöne rote Farbe angenommen sowie ein dezentes Frucht- und Mandelaroma. Die Beeren absieben und die Flüssigkeit in eine dekorative Flasche umfüllen.

 

So ein Getränk lässt sich natürlich auch mit anderen Beeren herstellen, die nach reicher Sommerernte im Tiefkühler gelandet sind. Dass sie nach dem Auftauen ein wenig matschig werden, ist perfekt, so geben sie Geschmack und Farbe noch besser ab.

 

 

 

Schlehenkonfitüre

 

Die Beeren haben einen Kern, der zu gross ist, als das man ihn mitessen könnte (und der auch etwas giftige Blausäure enthält) und der zu fest im Fruchtfleisch sitzt, als dass man ihn einfach herausschneiden könnte.

 

Deshalb kocht man die Beeren (die zuvor eine Woche im Tiefkühler lagerten) zuerst einigermassen weich und streicht sie dann durch ein grobmaschiges Sieb. Während ja sonst Konfi kochen nicht so ein Riesending ist, war ich damit ziemlich lange beschäftigt!

 

Das so erhaltene Fruchtmus wägen und mit derselben Menge Zucker aufkochen und anschliessend in sterilisierte Konfigläser füllen. Wer mag kann noch etwas Zimt oder Vanillezucker hinzugeben.

 

Die Konfitüre schmeckt sehr fruchtig und leicht herb. Und man spürt die Gerbstoffe – ich mag das, mein Vater war weniger begeistert. Er meinte dazu: wie Sand zwischen den Zähnen.



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